Blick in die digitale Zukunft

Martin Simioni ist CEO der EKT-Gruppe, die den Kanton Thurgau seit 110 Jahren zuverlässig mit elektrischer Energie und seit rund 30 Jahren auch mit Daten versorgt. Energie und Daten – das sind die zwei wichtigsten Ressourcen unserer modernen Welt, und gleichzeitig auch die Grundlage der Digitalisierung.

Diese ist für Simioni nicht nur die ganz grosse Chance der Zukunft, sondern birgt auch Gefahren, die es zu kennen gilt. Dieses Wissen müsse zwingend schon in der Schule vermittelt werden.

Trends im Energiesektor

Die Trends der Schweizer Energieversorgung könne man, so Martin Simioni, im groben Ganzen mit «drei D´s» zusammenfassen: Digitalisierung, Dekarbonisierung und Dezentralisierung. «Die Digitalisierung durchdringt alle unsere Lebensbereiche und erhöht den Stromverbrauch. Schauen in einer Familie vier Personen je einen Videostream an, verbrauchen sie etwa gleich viel Strom wie eine eingeschaltete Herdplatte. Die Dekarbonisierung zielt darauf ab, die benötigte Energie mit möglichst wenig CO2-Ausstoss zu erzeugen.» Mit der Dezentralisierung der Energiebranche würden frühere reine Konsumenten zu sogenannten «Prosumern» (Mischwort aus «Consumer» und «Producer»), die zwar immer noch Energie beziehen, diese gleichzeitig aber auch selber produzieren, beispielsweise mit Photovoltaik-Anlagen. Um diese Herausforderungen zu stemmen, müssten die Strommärkte enger zusammenwachsen und europaweit die Energieinfrastruktur modernisieren. «Leider fehlt uns hierfür das dringend nötige Stromabkommen mit der Europäischen Union», bedauert Simioni.

Cyberangriffe – die latente Gefahr

«Zusammen mit den mannigfaltigen Chancen der fortschreitenden Digitalisierung verbunden ist aber auch die Gefahr von Cyberangriffen, die zunehmend auf kritische Infrastruktur wie die Elektrizitätsnetze zielen», erklärt Simioni. «Der Mensch steht bei der gesamten digitalen Transformation im Mittelpunkt.» Er sei gleichzeitig aber auch der grösste Risikofaktor: «Mit nur einem unbedarften Mausklick werden Cyberangriffen unbewusst Tür und Tor öffnet. Daher ist ein zentraler Punkt der Cybersicherheit, die Mitarbeitenden für die Gefahren der digitalen Kommunikation zu sensibilisieren und so Sicherheitslücken zu schliessen.»

Die EKT, seit 1912 für die sichere Versorgung des Kantons mit Strom verantwortlich und als Energieversorgerin systemrelevant, kennt diese Herausforderungen nur zu gut: Sie muss ihre Versorgungsinfrastruktur permanent schützen, mit der zunehmenden Digitalisierung auch immer öfter vor Cyberangriffen. «Unser Wissen, wie man Angriffe auf das eigene Unternehmen abwehrt, geben wir gerne an die Thurgauer KMU weiter. Und mit unserem hochsicheren Datacenter in Frauenfeld bieten wir gleich auch die entsprechende sichere Infrastruktur an», erklärt Martin Simioni. Die Datensicherung sähe heute nämlich vielerorts so aus, dass ein Backup-Datenträger am Abend mit nach Hause genommen würde. Dies reiche aber bei weitem nicht aus, besonders wenn man sich die steigende Anzahl von Cyberangriffen anschaue und die Tatsache, dass KMU mehr als 99 Prozent unserer Schweizer Wirtschaft ausmachen. «Gerade unsere KMU sind besonders verwundbar. Ein längerer Ausfall der Produktion wird schnell existenzbedrohend.» Für Martin Simioni ist es deshalb elementar, dass sich Thurgauer KMU untereinander vernetzen und auch austauschen: «Nur so können sie Teil der digitalen Wirtschaft bleiben und von der Digitalisierung profitieren.»

Aufgabe des Bildungssystems

Den Thurgauer Schulen kommt bei der Vorbereitung auf die digitale Arbeitswelt eine Schlüsselrolle zu, ist Martin Simioni überzeugt: «Die Vor- und Nachteile der Digitalisierung müssen den kommenden Generationen in den Schulen zwingend vermittelt werden. Dies beinhaltet nicht nur den Umgang mit der Digitalisierung, sondern ganz generell das Wissen, wie mit digitalen Daten umzugehen ist, welche Gefahren in der Digitalisierung lauern, und wie man sie umgehen kann. Dieses Wissen ist bereits jetzt unabdingbar und wird je länger je wichtiger werden.»

Die EKT betreibt seit rund 30 Jahren das Highspeed-Glasfasernetz «TGNet», das sämtliche Gemeinden des Kantons miteinander verbindet. Martin Simioni möchte dies gerne auf die Schulen ausdehnen, da eine leistungsfähige und sichere Internet-Anbindung und IT-Infrastruktur die Grundlage für die modernen Lehrpläne sind. Martin Simioni sagt: «Unsere Fachabteilung ’Digital Services’ hat bereits mit mehreren Thurgauer Schulen umfassende Projekte realisieren dürfen. Neben der Leistungsfähigkeit und Sicherheit spielt dabei auch der Datenschutz eine immer wichtigere Rolle, gerade wenn Daten in der Cloud gespeichert werden».

Breitband-Powerline zum Auslesen von Strom- & Wasserzählern

Martin Simioni unterstützt das Engagement des Vereins Smarter Thurgau, der das Thema der Digitalisierung auf die politische Agenda gebracht hat. «Wünschen würde ich mir aber, dass sich der Verein noch stärker im Bereich der Bildung engagieren würde.»

Digitalisierung würde nämlich stattfinden, indem man die Menschen frühzeitig für die Chancen der Informatik und Digitalisierung begeistert und befähigt. «Wenn diese motivierten und gut ausgebildeten Nachwuchskräfte in die Unternehmen kommen, erfolgt die Digitalisierung von innen heraus und damit nachhaltiger, als wenn ein externer Guru einem Unternehmen in zwei Tagen eine Digitalisierungsstrategie verordnet. Diese Konzepte sind meist so schnell wieder vergessen, wie sie auf Folien gemalt wurden.» Dafür wünscht sich Martin Simioni, dass sich der Verein zukünftig breiter abstützt und mehr Leute begeistert. Und, ganz wichtig, auch die jüngere Generation direkt anspricht, da sie es ist, die die Digitalisierung im Thurgau umsetzen wird.

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