Schweizer Bauernverband und Digitale Transformation

Urs Schneider, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes und Leiter Departement Kommunikation & Services erzählt uns über die digitale Transformation aus der Brille des Schweizer Bauernverbandes und dessen Mitgliedern.

Verwaltung und Administration von Daten

Die Digitalisierung spielt in der Landwirtschaft in drei Bereichen eine Rolle. Erstens in der Verwaltung und Administration von Daten. Zur Entlastung der Bäuerinnen und Bauern hat die landwirtschaftliche Branche bereits früh auf die Vereinfachung mittels IT gesetzt. Urs Schneider nennt die Erfassung der Betriebsdaten für die Auslösung von Direktzahlungen und die Tierverkehrsdatenbank (TVD). Die TVD wurde vor 20 Jahren aufgesetzt und seit über 10 Jahren sind die Meldungen nur noch digital möglich. „Erst dachte der Bauernverband, dass vielleicht in gewissen Gebieten und vor allem bei älteren Landwirten keine Bereitschaft zur digitalen Erfassung und Benutzung bestünde. Deshalb wurden in den Gemeinden Verantwortliche bestimmt, die Bauern zu betreuen und die Datenbank zu pflegen. Mittlerweile klappt es reibungslos, jeder Bauer gibt seine Daten ein und nutzt die Tierverkehrsdatenbank.“ Wie viele Tiere geboren bzw. geschlachtet werden, wieviel Gülle der Bauer ausfährt oder wie oft er die Wiesen mäht, wird alles digital erfasst. „Grosses Potential zur Digitalisierung besteht noch bezüglich möglicher Anwendungen, die nicht national geregelt sind. Es gibt spezifische Admin-Tools für die Westschweiz im Gegensatz zur Ostschweiz und die Bauern müssen verschiedene Anträge des Kantons bzw. Bundes zur Beantragung kennen."

Produktionsmethoden

Zweitens besteht im Bereich der Produktionsmethoden Digitalisierungsbedarf, wie bezüglich der Tierhaltung. Mit einer gezielten Fütterung kann der Methanausstoss bei den Kühen verringert werden. Bei der Gefahr von Wölfen kann die Digitalisierung helfen, die unbehirteten Herden zu überwachen. Im Rahmen des Pflanzenschutzes sind Projekte aufgegleist, damit weniger gespritzt werden muss. Dank Robotern lässt es sich gezielter Jäten und mit Drohnen und Sensorik können problematische Pflanzen besser erfasst werden. „Die Swiss Future Farm widmet sich Pilotprojekten in der Landwirtschaft und geht der Frage nach, wie smarte Technologien für einen gezielteren Einsatz genutzt werden können, um die nachhaltige Produktion zu fördern. Beispielsweise werden im Wallis anstelle des Helikoptereinsatzes für das Spritzen, neue Verfahren und Möglichkeiten aufgezeigt.“

Kommunikation

Drittens sei die Kommunikation genannt, sagt Urs Schneider. „In allen Agrarabstimmungen haben wir die sozialen Medien genutzt und hier sollte sich die Landwirtschaft noch mehr verkaufen. Die Städter kennen die Landwirtschaft wenig und haben eher eine idyllische Vorstellung. Wir können Apps und die sozialen Medien nutzen, um dabei eine realitätsnahe Landwirtschaft zu zeigen. Mit der geplanten App Lieblingsorte soll die Thurgauer Landwirtschaft und auch die Tradition, Kultur und der Tourismus anschaulich erklärt werden. Wenn ich mit meinem Velo durch den Thurgau fahre, sehe ich einen schönen Ort mit arbeitenden Bauern und bekomme einfach und verständlich erklärt, was der Bauer macht und warum.“

Verein Smarter Thurgau - Rolle als Steigbügelhalter

Urs Schneider bringt sich aktiv mit seiner Erfahrung und den Kontakten auf nationaler wie auch kantonaler Ebene für den Verein Smarter Thurgau ein, weil ihm der Thurgau am Herzen liegt. Er öffnet für den Verein die Türen in die Landwirtschaft und deren Institutionen und nimmt daher auch die Rolle des „Steigbügelhalter“ ein; so auch im Falle des Projekts Lieblingsorte zum Landwirtschaftsamt, zum landwirtschaftlichen Bildungs- & Beratungszentrum und zu Agro-Marketing Suisse. Um die App für den Tourismus und die lokale Bevölkerung zu etablieren, meint Urs Schneider allerdings, dass es wertvoll wäre, wenn alle Gemeinden des Thurgaus einbezogen werden könnten. „Wir haben noch längst nicht die nötige Breite, die das Projekt braucht, um den erhofften Nutzen zu bringen. Dafür müssen wir die Gemeinden in einem Gemeinschaftsprojekt zusammenbringen.“

Als Vorstandsmitglied der ersten Stunde war Urs Schneider von Anfang an dabei. Er freut sich, dass der Verein spezifische Projekte aufgesetzt hat und einen vielseitigen und breitabgestützten Vorstand gewinnen konnte. „Ich erhoffe mir zukünftig, dass der Kanton Thurgau eine wichtige Rolle spielt und dadurch nichts verpasst. Graubünden investiert viel, im Thurgau müssen wir aufpassen, dass wir nicht in Rückstand geraten. Deshalb hoffe ich sehr, dass der Thurgau mit der Digitalen Transformation am Ball bleibt und sich möglichst sogar noch einen Vorsprung erarbeitet.“

5G – Sensibilität für das Thema

„Wir müssen in der Landwirtschaft mit Sensibilität das Thema 5G angehen. Wenn man den Nutzen sieht, dann steigt auch die Bereitschaft der Bauern, hier offen zu sein. Darum ist es wichtig, dass man gut und transparent kommuniziert. Es ist es wichtig, den Nutzen und nicht die Technologie in den Vordergrund zu stellen, denn vielerorts ist Skepsis spürbar. Bauern melden sich bei unserem Verband und sprechen beispielsweise von Frühgeburten bei Kühen. Wir vom Bauernverband müssen dann jeweils rechtlich klären, dass sich die Frühgeburten nicht beweisen lassen. Für uns in der Geschäftsleitung ist es ein Spagat zwischen den Befürwortern von 5G und den Skeptikern in der Landwirtschaft zu vermitteln. Wir sehen die Problematik im Sinne einer Herausforderung, da praktisch alle den Mobilfunk nutzen und es deshalb 5G braucht.“

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