Justizia 4.0 - Digitalisierung in der Justiz

Lukas Weinhappl ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei S-E-K Advokaten mit Sitz in Frauenfeld & Ettenhausen-Aadorf. Er bekleidet zudem das Amt des Präsidenten der Volksschulgemeinde Münchwilen und ist Vorstandsmitglied beim Verein Smarter Thurgau. Wir fragten Lukas Weinhappl, inwieweit die digitale Transformation in seiner juristischen Arbeitswelt und als Präsident der Volksschulgemeinde eine Rolle spielt.

Wir fragten Lukas Weinhappl, inwieweit die digitale Transformation in seiner juristischen Arbeitswelt und als Präsident der Volksschulgemeinde eine Rolle spielt.

Das Projekt Justizia 4.0

Die Veränderungen machen auch vor dem Justizwesen nicht halt, führt Lukas Weinhappl aus: „Bei uns im Dienstleistungsbereich wird sich viel ändern. Mit Justitia 4.0 beschreiten wir neue Wege.

Das Projekt treibt den digitalen Weg in der Justiz voran und beschreibt, welchen Weg die Justiz in Sachen digitale Transformation gehen soll: Die Verfahren sollen nicht mehr papierbasiert ablaufen, sondern die Akten digital aufbereitet zur Verfügung gestellt werden. Damit wird der Rechtsweg an die vermutlich schon angepasste digitale Kommunikation mit den Mandanten angepasst. Der Weg zum Recht wird dann tatsächlich nicht mehr über Papierberge führen. Daneben werden wird vermutlich mehr Software mit und ohne künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen, welche bis zu einem gewissen Komplexitätsgrad analytische und repetitive Arbeit übernimmt. Fähigkeiten wie Kommunikation, Kollaboration und Kreativität nehmen damit vermutlich einen grösseren Stellenwert ein.“

Justitia 4.0 steht für den digitalen Wandel der Schweizer Justiz: Papierakten werden durch elektronische Dossiers ersetzt, um den elektronischen Rechtsverkehr inklusive Akteneinsicht flächendeckend über alle föderalen Stufen & Instanzen einzuführen. Bis 2026 sollen alle an einem Justizverfahren beteiligten Parteien auf kantonaler & eidgenössischer Ebene mit den rund 300 Gerichten, den Staatsanwaltschaften & Justizvollzugsbehörden Daten elektronisch in einem hochsicheren zentralen Portal austauschen können. Parallel dazu wird eine gesetzliche Grundlage für die elektronische Kommunikation zwischen den involvierten Parteien geschaffen. Die Federführung für Justitia 4.0 liegt beim Bundesamt für Justiz.

Entlastung der Schweizer Justiz durch digitale Mittel

Wie in allen Bereichen, in denen die digitale Transformation Einzug hält, gibt es auch im Justizwesen unterschiedliche Haltungen dazu, welche keineswegs altersmässig festzumachen seien. Die generelle Grundhaltung zu Wandel und Innovation sei ausschlaggebend für die Einstellung zur digitalen Transformation, so Lukas Weinhappl.

Der digital-affine Rechtsanwalt steht dem Wandel positiv gegenüber: „Ich persönlich bin sehr offen dafür, denn ich sehe hauptsächlich Chancen in der Digitalisierung. Wenn beispielsweise die Papierakten digital vorhanden sind, werden die manuellen und softwarebasierten Analysemöglichkeiten um ein Vielfaches grösser. Über die Vielzahl von Eingaben bzw. der Daten lassen sich damit einfacher Muster erkennen, so dass sich die Skalierbarkeit der Dienstleistungen steigern lässt und künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann. Für einfache, wiederkehrende Auskunftsanfragen oder bei der Erstellung einer Chanceneinschätzung werden KI-Lösungen zukünftig bestimmt noch häufiger eingesetzt werden.“ Lukas Weinhappl betont, dass mit der Zunahme von digitalen Tools eine Grundentlastung der Schweizer Justiz zu erwarten ist. „Wir könnten uns bis zu einem gewissen Mass vom zeitfressenden Grundlagenstudium lösen und dafür Zeit in eine noch vertieftere und breitere Fallanalyse stecken – gerade dort, wo sich Rechtsfälle über mehrere Rechtsgebiete erstrecken und ein juristisches Fingerspitzengefühl und Kreativität gefragt sind."

Erfahrungen mit der Digitalisierung als Schulpräsident

Als Präsident der Schule Münchwilen spricht sich Lukas Weinhappl auch für eine digitale Medienunterstützung an Schulen aus. „Man kann Schule für die Schüler individualisierter machen, eher abgestimmt auf die Neigung der Schüler. Der Lernfortschritt kann gut über digitale Tools überprüft und verglichen werden. Dies würde endlich zu mehr Chancengleichheit führen."

Weiter führt Lukas Weinhappl aus, dass dem Lehrer zukünftig wohl mehr die Rolle als Coach zukomme und sich damit die Leitbilder und Rollen von Pädagogen änderten. „Für die digitale Fitness unserer jungen Generation muss ein Pädagog Interesse für die Digitalisierung und ihre Potentiale zeigen. Die klassische Ausbildung reicht nicht. Wichtig ist eine reflektierte Einstellung und die Bereitschaft und Fähigkeit, sich stets in neue Themen reinzuarbeiten. Natürlich muss eine Schule auch Veränderungen hinterfragen: Was ist pädagogisch sinnvoll? Was geht technisch? Was wäre wie zu tun, um die Pädagogik und Möglichkeiten der Digitalisierung in Einklang zu bringen? Hier muss eine Schule im Verbund denken und keine Insellösung für sich entwickeln; auch ich als Schulpräsident muss schauen, dass ich an den Entwicklungen dranbleibe.“

Zum Verein Smarter Thurgau

„Der Staat ist eher träge, er hat nicht den Druck, agieren zu müssen und sich zu digitalisieren. Deswegen verspreche ich mir, dass mit dem Verein Smarter Thurgau kritische, neue Ansätze für den Thurgau kommen werden. Es sind viele Leute mit Netzwerkfunktion und guter Professionalität dabei, die frische Impulse einbringen können. Mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen tragen sie die Digitalisierungsansätze in den Staatsbereich hinein. Der Verein macht dabei einen guten Job.“

Netzausbau ist wichtig

„Technisch bin ich nicht auf der Höhe zu beurteilen, wie schädlich 5G ist oder welche Gesundheits­gefahren bestehen. Aber Fakt ist, das Datenvolumen eines jeden nimmt permanent zu. Der Netzausbau ist die logische Konsequenz. An 5G führt deswegen vermutlich kein Weg vorbei, wenn wir uns weiterhin mobil austauschen und digitale Austauschplattformen noch vermehrter nutzen wollen.“

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