In der Veränderung die Chance sehen
Ich bin ein kleiner Botschafter für die Digitale Transformation in unserer Gesellschaft.
Seit 2 Jahren ist Gabriel Macedo, 32 Jahre, Stadtpräsident in Amriswil. Für die über 14‘000 EinwohnerInnenn im Bezirk Arbon will Gabriel Macedo die digitale Transformation voranbringen. Wir vom Verein Smarter Thurgau fragten ihn zum Wirtschaftsleitbild für den Kanton, zu den Digitalisierungspotentialen für Gemeinden und weshalb er sich als Vorstand im Verein engagiert.
Leitbild für den Wirtschaftsstandort Thurgau
Aus den Reihen der FDP.Die Liberalen Thurgau wurde ein Wirtschaftsleitbild für den Kanton Thurgau verlangt, was hat es damit auf sich?
Gabriel Macedo erklärt: „Der Kanton wurde beauftragt, ein Leitbild für den Wirtschaftsstandort zu erarbeiten, in dem die digitale Transformation und Entwicklung des Wirtschaftsstandorts zusammen gedacht werden. Das Leitbild soll zeigen, was es braucht, damit sich die Wirtschaft digitalisieren kann. Wichtig ist, nicht einzelne Handelsfelder zu adressieren, sondern insgesamt vernetzt zu denken und für jeden Bereich Ansatzpunkte für die digitale Transformation zu ermöglichen.“ Nach der Erarbeitung werde das neue Leitbild in der entsprechenden Kommission diskutiert und müsse dann zügig in die Umsetzung gehen.
Partnerschaft in der Digitalisierung
Für die digitale Transformation in ländlichen Gemeinden und Städten betont Gabriel Macedo die Rolle des Bundes und des Kantons. „Die grundsätzliche Richtung muss von oben kommen, damit der Staat insgesamt einen gemeinsamen Kompass hat, eine Gemeinde oder Staatsebene alleine kann nicht vorwärts kommen – wir müssen als Partner bei der Digitalisierung zusammenarbeiten. Es gilt Risiken adäquat zu berücksichtigen, denn wir arbeiten mit Steuergeldern. Wir können nicht einfach eine Summe in den Sand setzen! Dafür ist eine klare Strategie vom Bund über den Kanton notwendig, dass man dann in der Gemeinde tätig werden kann.“ Die Schranken der Digitalisierung bestehen von Gesetz wegen, aufgrund des Datenschutzes und in Bezug auf die Rechtssicherheit. Dem Staat kommt die Rolle zu, die Infrastruktur und die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung in der Wirtschaft zu ebnen. „Es sind gesetzliche Rahmenbedingungen mit Förderungen anzubieten, dass neue Lösungen angeboten und Ideen gedacht werden können. Es braucht finanzielle Mittel, aber nicht nur, sondern eben auch Regeln. Es braucht die Rechtsicherheit für die Gemeinden mit dem Umgang von digitalen Daten.“
Digitale Transformation konkret – Potential in den Gemeinden
Konkret sieht Gabriel Macedo Digitalisierungspotential im Bauwesen. „Bauprojekte könnten digitalisierter werden. Wir haben immer noch riesige Pläne, die müssen eingescannt werden, die Prüfung erfolgt auf Papier, dann schickt man es dem Kanton, dort wird es wiederum auf Papier ausgedruckt und geprüft.“
Einen weiteren Vorteil sieht Gabriel Macedo in der Bündelung der Sozial-, Bildungs- und Einwohnerdaten. „Wenn die Daten zeigen, in welchem Quartier grosse Jugendarbeitslosigkeit herrscht oder soziale Unterschiede in der Bildung bestehen, dann könnte man ein Angebot für spezielle Jugendarbeit schaffen; das wäre auch ein Wettbewerbsvorteil.“ Wenn zwischen den Ämtern digitalisierter gearbeitet werden und das Potential der eigenen Daten genutzt würde, „dann könnten die Steuergelder noch bedarfsgerechter eingesetzt werden. Für den Bürger sieht es doch so aus, sie müssen sich melden, eine Bestätigung abholen und können nicht schnell ein Formular machen. Wieso kann man das nicht vereinfachen? Die Bürokratie abbauen, indem Fehler-Schnittstellen, Medienbrüche und Doppelabläufe eliminiert werden.“
Pilotprojekt mit der SBB
Ein Pilotprojekt findet in Amriswil gerade mit der SBB statt. Ziel ist es, die Beantragung des vergünstigten Familien-Abo für Zugfahrten mit einem Knopfdruck zu erledigen. „Die SBB richtet eine elektronische Anfrage an die Gemeinde Amriswil, dann läuft in unserer Verwaltung ein ganzer Prozess im Hintergrund mit dem Ergebnis, dass einfach nur eine Mail zurück an die SBB gesendet wird, ob die Familie in Amriswil wohnhaft und berechtigt für das Familien-Abo ist.“
Modernisierung der Mitbestimmung
Das Steckenpferd von Gabriel Macedo ist die Modernisierung der Mitbestimmung. Die Gesellschaft informiert sich heute vor allem digital. Anstatt den BürgerInnen nur „analoge“ Technologien für die Abstimmung und den vorgelagerten Meinungsbildungsprozess an die Hand zu geben, können moderne Technologien die direkte Demokratie näher an die Stimmberechtigten bringen. Daher richtete Gabriel Macedo Ende Mai 2021 eine einfache Anfrage „Zeitgemässe digitale Instrumente für unsere demokratischen Rechte“ an den Regierungsrat. Der Regierungsrat ist gefragt, welche Möglichkeiten im Kanton Thurgau zur Modernisierung der Demokratie bestehen bzw. welche Anstrengungen bisher unternommen worden. Neben digitalen Wahl- & Abstimmungstools (E-Voting), ist nach Gabriel Macedo die digitale Weiterentwicklung der politischen Partizipation wichtig, wie E-Petition, E-Vernehmlassung oder E-Discussion; „hier muss sich der Staat auf neueste bürgerliche Bedürfnisse einlassen. Petitionen können auch digital unterschrieben werden und eine Anweisung muss nicht mehr (nur) postalisch dem Bürger zukommen.“
Es bleibt nun abzuwarten, welche gesetzlichen Grundlagen dem Thurgau gegeben werden, Wahl-, Abstimmungs- und Partizipationstools einzuführen. Bis jetzt sticht kein Kanton für die digitale Mitbestimmung hervor – der Thurgau könnte eine Vorreiterrolle in Sachen Modernisierung der demokratischen Mitbestimmung einnehmen. Was denken Sie?
Sachliche Einstellung zur 5G Technologie
Die Debatte um die 5G Technologie sieht der Stadtpräsident sachlich, nimmt aber auch die Bedenken ernst. 5G und die weiteren Technologien seien bereits heute und in Zukunft bedeutsam für die digitale Entwicklung in der Schweiz. Die Baugenehmigung für die Sendemasten müsse erteilt werden, wenn alle baurechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Herr Macedo hofft, dass der Vollausbau zügig voranschreiten könne. Dafür sei es aber auch nötig, die Ängste zu nehmen. „Oft hört man, ich brauche 5G nicht, für was? Da müssen wir mit einfachen Beispielen und Öffentlichkeitsarbeit zeigen, welche Vorteile in 5G liegen. Aber es wird immer eine Gruppe geben, die Widerstand zeigt."
Vorstand von Smarter Thurgau
Im Vorstand von Smarter Thurgau engagiert sich Gabriel Macedo, um den BürgerInnen aufzuzeigen, wo der Mehrwert der Digitalisierung liegt. „Ich bin persönlich überzeugt, dass die digitale Transformation was bringt. Die Veränderung wird kommen. Ich möchte Transparenz schaffen, den Mehrwert für den Bürger zeigen - auch wenn wir nicht genau wissen, wie es sich entwickelt. Wir sollten in der Veränderung die Chance sehen - Ich bin ein kleiner Botschafter für die digitale Transformation in unserer Gesellschaft!“